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Eine kleine Einführung in die Geschichte des Violinbass'

Wenn im Folgenden von 'Violinbass' gesprochen wird, so greift dies lediglich die übliche Bezeichnung dieses Instrumentes auf, die sich im Sprachgebrauch durchgesetzt hat und unter der auch Höfner selbst das Instrument vermarktet hat. Man darf getrost davon ausgehen, daß Karl Höfner der Unterschied zwischen einer Violine und einer Viola d'amore (dem der Bass am ehesesten gleicht) durchaus bewußt war - nicht jedoch der breiten Bevölkerung. Diese Zielgruppe wußte aber etwas mit dem Begriff einer Violine anzufangen, weshalb man vermutlich aus marktpolitischen Gründen zu dieser Vereinfachung gegriffen hat.

Auf die Frage, welches wohl er erste Violinbass auf dem Weltmarkt war, hört man oft von meist selbsternannten Fachleuten: "Der EB-1 von Gibson!". Vielleicht ist ja nicht die Antwort, sondern bereits die Frage falsch gestellt, wenn nicht genau definiert ist, was denn einen Violinbass eigentlich ausmacht? Man muß nicht unbedingt erst einen Violinkorpus durchsägen, um herauszufinden, daß dieser hohl ist! Dieser Hohlkorpus ist Teil des Prinzips, das an solchen Instrumenten angewendet wird, um ihren speziellen Klang zu erzeugen. Unter diesem Gesichtspunkt wollen wir herausfinden, welcher der ersten Violinbässe tatsächlich auch diesen Namen verdient!

Gibson EB-1

Nach dem zweiten Weltkrieg verlangte die aufkommende Rock&Roll Musik unausweichlich nach neuen Musikinstrumenten. Spätestens als Rickenbackers 'Bratpfanne' zur ersten öffentlich erhältlichen Stromgitarre wurde, hatten die Kontrabaß-Spieler häufig Probleme, sich lautstärkemäßig durchzusetzen.
Nach den ersten Erfolgen von Leo Fenders Telecaster-Gitarre (ursprünglich Broadcaster), versuchte er, diesen Erfolg durch die Erfindung seines ersten 'Precision-Bass' auszuweiten, der auf den Erfahrungen mit der Telecaster-Gitarre beruhte. Obwohl diese neue Erfindung eigentlich auf arbeitslose Gitarristen zielte, die er mit dem Gitarre-ähnlichen Konzept in die Lage versetzen wollte, auch Jobs als Bassisten anzunehmen, hoffte er natürlich insgeheim, auch die bis dahin 'eigentlichen Bassisten', nämlich die Kontrabass-Spieler an das neue Instrument zu locken. Viele Bassisten zögerten abllerdings, diese neue Möglichkeit auszuprobieren. Meistens, weil es einfach ungewohnt für sie war, den Bass über eine Art Gitarre zu spielen die einem um den Hals hing, anstatt aufrecht stehend, wie sie es all die Jahre zuvor gewohnt waren und so blieben die Verkaufszahlen zunächst hinter den Hoffnungen Fenders zurück.

Einer von Fenders Konkurrenten war der Nachfolger des 1918 verstorbenen Orville Gibson, dem der etwas schleppende Verkauf des Precision Bass natürlich nicht verborgen blieb und so machte man sich im Hause Gibson Gedanken, ob man nicht eine Variante eines E-Basses anbieten könnte, die die Ablehnungs-Argumente der Bassisten aushebeln könnte. Bereits 1938 hatte man hier Erfahrungen mit einer elektrifizierten Bass-Version machen können, die, wie ein Kontrabass, aufrecht gespielt wurde. Bei Ausbruch des 2. Weltkrieges wurde das Projekt auf Eis gelegt und die bis dahin gebauten zwei Prototypen verschwanden zunächst im Lager.  Jetzt in den innovativen 50er Jahren erinnerte man sich der Experimente und die Firma kam schließlich auch mit einer Art 'Precision' Bass heraus (Fender hatte das Instrument 'Precision' getauft, weil es der erste bundierte Bass war, an dem man ganz 'präzise' die Töne treffen konnte, auch ohne jahrelange Übung an bundlosen Hälsen). Dieser sollte allerdings so deutlich wie möglich die äußere Form eines Kontrabass' erahnen lassen. Natürlich mußten sie den Korpus erheblich kleiner machen als bei einem Kontrabass, denn er sollte ja vor allem tragbar sein für diejenigen, die bereit waren, die neue Art des Bass-Spielens auszuprobieren.
So wurde aus einem Mahagoni-Rohling die Form eines Streichinstrumentes herausgesägt und das ganze mit einem viersaitigen Hals versehen, der etwas kürzer war, als der von Fender entworfene. Um jedoch auch den 'alten' Bassern eine Rückzugs-Option zu bieten, wurde das Instrument mit einem herausschraubbaren Endpin versehen, der im Bedarfsfall durch eine mitgelieferte Stange ersetzt wurde, damit der Bass auch ganz im Stil eines Kontrabass' aufrecht gespielt werden konnte. Mit vorgetäuschten (aufgemalten) f-Löchern wurde der verkleinerte Kontrabass 'Gibson Electric Bass' genannt und 1953 auf den Markt gebracht, etwa zwei Jahre nach Fenders Precision Bass.

eb1
EB-1
1955

Niemand kann ernsthaft abstreiten, daß ein massives Stück Holz, das über 5 Kilo wiegt und eine anschraubbare Eisenstange hat, nichts mit der zebrechlichen Konstruktion einer Violine zu tun hat, denn der Vollholzkorpus wurde natürlich nicht ausgehöhlt, weshalb das Ergebnis auch kein Violin-Korpus war und insofern das Instrument auch definitiv kein Violinbass! Ganz am Rande sei noch erwähnt, das man mit einem so kleinen und zerbrechlichen Violinkorpus auch höchstwahrscheinlich Probleme gehabt hätte, den eisernen Standfuß bruchsicher anzubringen. So weit mir bekannt ist, wurde das daher auch äußerst selten versucht, wie z.B. kurzzeitig bei Crown oder auch bei Egmond/Lion, wozu der Korpus innen mit einem durchgehenden Holzklotz verstärkt werden mußte, was dann allerdings den Vorteil des geringen Gewichtes wieder weitgehend zunichte machte.

Bis1958 versuchte man bei Gibson vergeblich, Fender mit den Bass-Verkaufszahlen zu übertreffen, letztendlich wurde die Idee dann aber wegen des ausbleibenden Erfolgs begraben als der neue Gibson-Bass 'EB-2' vorgestellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren gerade einmal einige hundert Exemplare exportiert worden, was man nicht gerade als kommerziellen Erfolg ansehen konnte. Im gleichen Jahr, kurz bevor die Produktion des ersten Gibson-Basses dann eingestellt wurde, änderte man den Namen 'Gibson Electric Bass' noch um in 'EB-1', um ihn chronologisch vor dem 'EB-2' einreihen zu können. Über zehn Jahre lang wurde er nicht mehr produziert, bis dann im Zuge der ersten Nostalgiewelle in den späten 60er Jahren und durch den Erfolg des entfernt ähnlich aussehenden Höfner-Beatles-Bass' die Nachfrage in den USA langsam wieder einsetzte. 1969 startete Gibson daraufhin einen neuen Versuch mit dem EB-1, diesmal mit einem Humbucker, neuen Mechaniken und anderer Brücke, aber man hatte den Markt erneut überschätzt und drei Jahre später wurde die Produktion 1972 dann endgültig eingestellt, denn diesmal erreichte die Exportrate nicht einmal einen zweistelligen Wert!


Obwohl der EB-1 heutzutage, gerade wegen der geringen Stückzahlen, nur noch als Sammlerobjekt eine Bedeutung hat, war er über die Jahre immer mal wieder Vorlage für vereinzelte Kopierer, einfach weil japanische Hersteller in den 60ern nahezu alles kopierten, was von einem erfolgreichen westlichen Unternehmen stammte. Als Anerkennung, die dem EB-1 als einem der Wegbereiter des E-Bass' zusteht, ist auf dieser Seite ein kleiner Teil der Gallerie den Vollholz-Bässen mit violinförmigem Korpus wie dem EB-1 und seinen bekanntesten Kopien gewidmet. Die einzige offizielle Kopie indessen wurde 1999 von der Gibson Tochter Epiphone mit der Original-Bezeichnung EB-1 herausgegeben, allerdings auch diesmal nicht unbedingt der Renner.

 
Höfner 500/1

Die Firma Höfner, die 1887 von Karl Höfner im ehemaligen böhmischen Schönbach (dem heutigen tschechischen Luby) gegründet worden war, hatte über die Jahrhundertwende in ganz Europa Berühmtheit wegen ihrer Saiteninstrumente erlangt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die überwiegend deutsche Bevölkerung aus Schönbach vertrieben, unter ihnen auch Höfner, der sich daraufhin im mittelfränkischen Bubenreuth niederließ. 1950 nahm die Firma die Produktion von Musikinstrumenten wieder in neuen Fabrikhallen auf und Walter Höfner, einer der Söhne des Firmengründers, hatte einige Jahre später die Idee, die erstklassigen Fähigkeiten seiner Geigenbauer und seiner Gitarrenbauer in einem Instrument zu kombinieren. Produktionsformen und die erforderlichen Experten für den Violinbau waren ebenso vorhanden, wie Kenntnisse und Werkzeuge für die Herstellung von Gitarrenhälsen.
Ebenfalls ansässig in Bubenreuth war die 1953 neu errichtete Saitenfabrik von Karl Junger, später bekannt unter dem Firmennamen Pyramid. Unter Mitwirkung von Karl Höfner entwickelte Pyramid eine neue Art Bass-Saiten die mit ihrer flach geschliffenen Nickelumspinnung charakteristisch werden sollte für den später so berühmten Sound der Sechziger. Das Ergebnis von Höfners Entwicklung war ein Shortscale-Bass mit echtem Violinkorpus, der erstmals auf der Frankfurter Musikmesse von 1956 als Typ '500/1' vorgestellt wurde. Er begeisterte die Kunden durch seine ungewöhnliche Form, sein geringes Gewicht und seinen überraschend tiefen und dumpfen Klang.
Da in den 50er Jahren die Nachfrage nach dem eben erst erfundnen E-Bass noch nicht so groß war, verkaufte sich das Instrument zwar ganz gut, aber eben nicht außergewöhnlich gut, was sowohl mit dem noch geringen Bekanntheitsgrad als auch mit der oben bereits erwähnten zögerlichen Haltung der 'alt eingesessenen' Bassisten zusammenhing. Die von England ausgehende und praktisch über Nacht eingeläutete Beat-Ära wendete das Blatt. Fünf Jahre nach der Markteinführung des 500/1 erbte Paul McCartney plötzlich den Job des Bass-Gitarristen von Stu Sutcliff bei einer Band, die sich 'The Beatles' nannte und er hielt Ausschau nach einem für ihn erschwinglichen Instrument, mit dem er als Linkshänder nicht allzu komisch aussah. Als er während eines ihrer Hamburg-Engagements in einem dortigen Musikgeschäft den 500/1 sah, entschied er sich spontan für dieses Instrument. Da es in Deutschland gebaut wurde, konnte es dort ohne große Zoll- und Transportkosten für einen recht günstigen Preis verkauft werden und die symmetrische Violinenform machte es optisch nahezu bedeutungslos, ob es von einem Rechts- oder Linkshänder gespielt wurde, zumal Höfner auch als einer der ersten Hersteller reine Linkshänder-Instrumente ohne Aufpreis anbot. Die kurze Mensur mit den engen Saitenabständen und das geringe Gewicht von nur 2,2kg (was weniger als die Hälfte des Gewichtes der meisten E-Bässe und natürlich auch des EB-1 war) gaben dem Bass eine außergewöhnlich gute Handhabbarkeit und der Klang war warm und tief...
500_1
500/1
1956

Der Rest ist Geschichte! Der 500/1, der wie alle Höfner-Gitarren für den Export mit dem Firmenlogo HOFNER (ohne die Punkte über dem o) ausgezeichnet wurde, wurde praktisch das Instrument mit dem höchsten Wiedererkennungswert der 60er Jahre, was Grund genug für die aufstrebende japanische Musikindustrie war, sich mit zahlreichen Kopien auch ein Stück vom Kuchen abschneiden zu wollen. 

Mit der Entwicklung neuer Musikstile und -richtungen in den 70er Jahren trat der Violinbass dann allerdings etwas in den Hintergrund, spätestens als Techniken wie Slapping entwickelt wurden, für die das Instrument nicht gebaut und insofern auch nicht geeignet war. 

1989 bat Elvis Costello Sir Paul im Zuge von Studioaufnahmen für dessen Album 'Spike', einige Stücke mit dem alten Höfner Bass einzuspielen, weil er dessen besonderen Klang dafür haben wollte. Danach spielte McCartney dann den 500/1, den er in den vorangegangenen 20 Jahren fast zwischen Rick, Fender und Wal vergessen hatte, wieder regelmäßig auf seinen Tourneen. Nicht lange danach kamen dann auch die zahlreichen Kopierer wieder aus ihren Kellern, inzwischen zwar nicht mehr die aus Japan, aber aus den neuen Billiglohn-Ländern Korea und China.


Die Nachbauten

Kaum jemand in der Bass-Szene ist sich darüber bewußt, daß der 500/1 neben den  Fender Bässen 'Jazz' und 'Precision' der am meisten kopierte Bass weltweit ist. Das ist besonders deshalb bemerkenswert, weil es ungleich aufwändiger ist, einen Halbakustik-Korpus zu bauen als einen Vollholzbody. Diese zeitraubenden Produktionsverfahren waren der Grund, weshalb die Kopierfirmen verzweifelt nach Möglichkeiten suchten, um die Kosten der Violinbass-Produktion zu senken. Das Ergebnis dieser Suche nach dem billigsten Kasten, der wenigstens noch ein bißchen nach Höfner-Bass aussah, war eine Methode, die ansatzweise bereits in den siebziger Jahren und in verbessertem Verfahren auch heute noch von den meisten koreanischen und chinesischen Herstellern verwendet wird. Während die zahlreichen japanischen Kopien aus den 60er Jahren noch alle in Handarbeit hergestellt wurden, was teilweise sehr schöne Modelle mit respektablen Eigenschaften hervorbrachte,  sind die meisten heutigen Versionen praktisch Ergebnisse der Wegwerfgesellschaft. 




Die vier häufigsten Methoden einen Violinbass-Korpus herzustellen.


Momentan gibt es über 300 verschiedene Violinbässe in der Galerie sowie zahlreiche
violinförmige Vollholzbässe und  Violingitarren, weitere werden sicher folgen.

Manche sind wunderschön, andere eher furchtbar aber alle erinnern irgendwie an die Swinging Sixties, als der Beat neu erfunden wurde...